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Berlin | «Zwischen Not und Neustart» - Reportage über Leben in Armut

Markus Belde/ZDF/dpa | Genoveva muss auf jeden Cent achten.

Fernsehen

Berlin (dpa) - Karl und Mandy (beide 36) kennen sich seit Kindergartentagen und leben in einer Plattenbausiedlung in Rostock, gemeinsam mit fünf Kindern. Eine Großfamilie war schon immer ihr Traum - obgleich Karl als Pflegehelfer kein Großverdiener ist, diverse Schulden etwa für Möbel und Auto abbezahlen muss und - aufgrund des Schichtdienstes - eine kleine separate Wohnung gemietet hat. 

Mandy kann wegen eines chronischen Hüftleidens kein Geld verdienen; sie betreut die Kinder und erhält Bürgergeld, das Kindergeld kommt hinzu. Das Paar muss genau kalkulieren, wie viel im Monat zur Verfügung steht, und benötigt soziale Hilfsangebote. Dann wird Mandy erneut schwanger.

Viele Menschen in Deutschland kennen Armut schon von Kindesbeinen auf und können sich nicht daraus befreien. Wie schwierig es sein kann, den kostspieligen Alltag zu meistern, zeigt die Reportage «Zwischen Not und Neustart» aus der Reihe «37 Grad». Sie ist zu sehen an diesem Dienstag um 22.15 Uhr im ZDF.

Auf Bürgergeld hat Genoveva verzichtet

Genoveva (30) in Köln muss wirklich auf jeden Cent achten, den sie ausgibt. Manchmal, wenn sie aufgrund ihrer Krebserkrankung wichtige Medizin braucht, bleibt für Lebensmittel nichts mehr übrig. Auf Bürgergeld hat sie verzichtet, für ihre Ausbildung zur Veranstaltungstechnikerin erhielt sie keine staatliche Beihilfe. 

Mit ihrem zukünftigen Gehalt kann sie endlich anfangen, ihre Schulden abzuzahlen. Der Job bedeutet einen neuen Lebensabschnitt: Sie zieht nach Wuppertal, möchte ein Klavier kaufen und reisen. Genoveva engagiert sich für arme Menschen, als Teil der Online-Kampagne #IchBinArmutsbetroffen.

Harald (59) aus Freistatt in Niedersachsen wurde vor 20 Jahren buchstäblich der Boden unter den Füßen weggezogen: Seine Lebensgefährtin starb unerwartet, er verlor seine Arbeit als Bürokaufmann und seine Wohnung - und er lebte über seine Verhältnisse. 

Oberstes Ziel: Die Würde behalten

Inzwischen hat er - über eine Stiftung - eine subventionierte Wohnung und arbeitet befristet als Redakteur bei einer Onlinezeitung, unterstützt durch das Jobcenter. Als das wichtige Projekt ausläuft, beginnt er, einen Roman zu schreiben - eine erste Lesung steht rasch an. Sie wird ein Erfolg, das Buch kommt gut an, jetzt gilt es, einen Verlag zu finden.

Autorin Angela Giese («Liebe mit großem Altersunterschied») zeigt, dass insbesondere langanhaltende Armut (die Grenze dafür liegt derzeit bei 1381 Euro netto im Monat) in Deutschland weit verbreitet ist und mangels Lebensqualität, durch soziale Ausgrenzung und Diskriminierung krank machen kann - Stress und Erschöpfung sind oft die Folge. 

Die Protagonisten im Film arbeiten - trotz teils erheblicher Rückschläge - mit viel Kraft und Optimismus an einer Verbesserung ihrer Lebensumstände. Dabei ringen sie sichtlich darum, ihre Würde zu behalten, da sie ganz genau darum wissen, welch unschätzbares Gut sie ist.

© dpa-infocom, dpa:250708-930-770364/1