Charkiw/Washington | Russland setzt Angriffe ungeachtet von Trumps Ultimatum fort
Lage im Überblick
Charkiw/Washington (dpa) - Ungeachtet des Ultimatums von US-Präsident Donald Trump an Kremlchef Wladimir Putin greift Russland Ziele in der Ukraine mit unverminderter Härte an. Im ostukrainischen Gebiet Charkiw wurden Behördenangaben zufolge mindestens zwei Zivilisten durch russische Angriffe getötet. In der südostukrainischen Großstadt Krywyj Rih kam es infolge russischer Angriffe mit Drohnen und mindestens einer Rakete zu massiven Stromausfällen. Derweil machte Trump klar, der Ukraine keine Langstreckenraketen bereitstellen zu wollen.
Trump hatte vor kurzem nicht nur Waffenlieferungen für die Ukraine angekündigt, sondern Russlands Präsidenten Wladimir Putin am Montag eine Frist gesetzt: Wenn es bei den Bemühungen um ein Ende des russischen Kriegs gegen die Ukraine innerhalb von 50 Tagen keinen Deal gebe, dann würden die USA hohe Zölle gegen Russlands Handelspartner erheben. Russland kritisierte die angekündigten Waffenlieferungen und angedrohten Sanktionen und wies sie als schädlich für die Friedensbemühungen zurück.
Trump: Selenskyj sollte nicht auf Moskau zielen
Derweil sagte Trump auf die Frage, ob er bereit sei, der Ukraine Langstreckenraketen bereitzustellen: «Nein, das ist nicht unsere Absicht.» Der Republikaner wurde zudem gefragt, ob der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj Moskau oder andere Ziele tiefer in Russland ins Visier nehmen sollte. Trump antwortete darauf: «Nein, er sollte nicht auf Moskau zielen».
Der US-Präsident sah sich mit diesen Fragen konfrontiert, nachdem die «Financial Times» berichtet hatte, Trump habe die Ukraine zu Angriffen tief im russischen Hinterland ermutigt. Bei einem Telefonat mit Selenskyj habe er gefragt, ob Kiew Russlands Hauptstadt Moskau oder die zweitgrößte Stadt des Landes, St. Petersburg, treffen könne, falls die USA Langstreckenwaffen lieferten, schrieb die Zeitung unter Berufung auf zwei mit dem Gespräch vertraute Personen.
Mehrere US-Medien zitierten daraufhin Trumps Sprecherin Karoline Leavitt übereinstimmend mit der Aussage, dass Trump lediglich eine Frage gestellt, jedoch nicht zu weiteren Tötungen aufgerufen habe. Darauf angesprochen, warum er Putin weitere 50 Tage gebe, um seinen Krieg gegen die Ukraine fortzuführen, antwortete Trump: «Ich denke nicht, dass 50 Tage sehr lang sind.» Außerdem könne auch früher etwas passieren.
Am Abend (Ortszeit) sagte der Republikaner vor Journalisten zudem mit Blick auf den Ukraine-Krieg, dass vor Ort keine amerikanischen Soldaten eingesetzt werden würden. Er habe seit seiner Ankündigung am Montag nicht mit Putin gesprochen, erklärte Trump auf Nachfrage.
Stromausfall in ukrainischer Großstadt nach russischem Angriff
Russland setzte seine Angriffe auf die Ukraine auch in der Nacht fort. Im Gebiet Charkiw kamen dabei nach Angaben der Staatsanwaltschaft des Gebiets mindestens zwei Zivilisten ums Leben, zwei weitere wurden verletzt. Im Dorf Prykolotne im Landkreis Kupjansk sei ein Mann durch eine ferngesteuerte Drohne getötet worden. In der zugehörigen Kreisstadt kam demnach ein zweiter Mann infolge einer russischen Attacke ums Leben.
Die Frontlinie verläuft nur wenige Kilometer von Kupjansk entfernt. Vor dem russischen Einmarsch vom Februar 2022 lebten mehr als 26.000 Menschen in der Stadt.
Auch in der Großstadt Charkiw selbst gab es Drohnenangriffe. Mindestens drei Menschen seien verletzt worden, teilte der Militärgouverneur des Gebiets, Oleh Synjehubow, bei Telegram mit. Ziel der Angriffe war den Angaben nach ein ziviles Unternehmen in der Millionenstadt.
Der Militärverwaltungschef Olexander Wilkul teilte auf Telegram mit, in der Großstadt Krywyj Rih sei es nach russischen Angriffen zu Stromausfällen gekommen. «Es gab etwa 20 Einschläge», schrieb er. Die Wasserversorgung werde auf Generatoren umgestellt. Er warnte vor nicht ausreichendem Wasserdruck in höheren Etagen. Der ukrainische Präsident Selenskyj stammt aus der Industriestadt, die vor dem russischen Einmarsch noch mehr als 600.000 Einwohner hatte.
In Kiew warnte Bürgermeister Vitali Klitschko ebenfalls vor Angriffen. Die Luftabwehrkräfte seien im Einsatz, die Menschen sollten in Schutzräumen bleiben, schrieb er auf Telegram.
Wegen der Gefahr durch Drohnenattacken war im Großteil des osteuropäischen Landes Luftalarm ausgelöst worden. Die Ukraine wehrt sich seit fast dreieinhalb Jahren gegen eine russische Invasion. Das russische Militär greift dabei immer wieder Anlagen an, die für die Stromversorgung wichtig sind.
Kellogg: «America First»-Modell für Ukraine erreichen
Derweil schrieb der US-Sondergesandte Keith Kellogg auf der Plattform nach einem Treffen mit dem ukrainischen Außenminister Andrij Sybiha am Dienstag in Kiew, sie hätten besprochen, wie die USA und die Ukraine zusammenarbeiten könnten, um den Krieg unter Bedingungen zu beenden, die zu einem dauerhaften Frieden beitrügen. «Die Vereinigten Staaten unterstützen Frieden durch Stärke – und wir helfen der Ukraine dabei, ein "America First"-Modell für ihr eigenes Land zu erreichen.»
Kellogg war am Montag zu einem mehrtägigen Besuch der Ukraine in Kiew eingetroffen. Er will sich dabei vor allem ein Bild von der aktuellen Lage machen.
Ukrainisches Parlament entlässt die Regierung
Heute soll das Parlament in Kiew über die Entlassung der Regierung von Denys Schmyhal entscheiden. Mit der Bildung der neuen Regierung hat Präsident Selenskyj Vizeministerpräsidentin Julia Swyrydowa beauftragt. Die Minister ihres neuen Kabinetts sollen am Donnerstag im Parlament bestätigt werden.
Ministerpräsident Schmyhal hatte am Dienstag seinen Rücktritt eingereicht. Er soll Verteidigungsminister Rustem Umjerow ablösen, der wiederum als neuer Botschafter in den USA vorgesehen ist. Konkrete Gründe für die Regierungsumbildung wurden nicht genannt.
© dpa-infocom, dpa:250716-930-802462/1
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